Einkommenssteuer beim Unternehmensübergang

 

Risiko: Aufdeckung stiller Reserven

 

Bei Unternehmensübertragungen zu Lebzeiten oder von Todes wegen ist dringend darauf zu achten, dass keine stillen Reserven aufgedeckt werden. Fallstricke lauern hier insbesondere beim Zusammenspiel von gesellschaftsrechtlichen Regelungen und erbrechtlichen Regelungen.

 

Beispiel 1:

Max Müller ist hälftiger Mitgesellschafter der Müller & Huber OHG in München. In dem Gesellschaftsvertrag der KG ist festgehalten, dass Unternehmensanteile nur an blutsverwandte Abkömmlinge vererbt werden können. Max Müller verfügt neben seinem Anteil an der OHG noch über ein Einfamilienhaus in München sowie vermietete Wohnungen in Starnberg und Augsburg. Um seine Ehefrau abzusichern, setzt er sie in seinem Testament zur Alleinerbin ein. Zugleich ordnet er im Testament an, dass seine Anteile an der Müller & Huber OHG als Vermächtnis an seinen Sohn fallen. Die OHG verfügt über stille Reserven in Höhe von 2.000.000 €.

 

Als Max Müller stirbt, wird seine Ehefrau seine Alleinerbin. Sie muss die Anteile an der OHG als Vermächtnis zwar an ihren Sohn herausgeben, doch wird sie als Erbin jedenfalls für eine juristische Sekunde Inhaberin der Gesellschaftsanteile, bevor sie diese an ihren Sohn überträgt. Aufgrund der Bestimmung in dem Gesellschaftsvertrag der OHG konnte Frau Müller jedoch nicht Gesellschafterin der OHG werden, weil sie mit dem Erblasser nicht blutsverwandt ist. Die Anteile des Max Müller an der OHG fallen daher jedenfalls für eine juristische Sekunde in das Privatvermögen von Frau Müller, sodass es zu einer Aufdeckung der stillen Reserven und einer entsprechenden hohen Einkommensteuerbelastung kommt.

 

Es ist dringend anzuraten, die Bestimmungen von Gesellschaftsverträgen in Einklang zu bringen mit den Bestimmungen des Testaments des Erblassers. Häufig werden in Gesellschaftsverträgen die erbrechtlichen Konsequenzen überhaupt nicht oder nur schematisch geregelt. Falls eine Änderung des Gesellschaftsvertrages – aus welchen Gründen auch immer – nicht möglich ist, müssen die letztwilligen Verfügungen an den Gesellschaftsvertrag angepasst werden.

Falls die Anpassung des Gesellschaftsvertrags und des Testaments nicht zu Lebzeiten erfolgen konnte, kann nach dem Tod noch versucht werden, über eine ergänzende Auslegung des Testaments unerwünschte steuerliche Konsequenzen zu vermeiden.

 

Beispiel 2:

Heinz Huber aus München ist alleiniger Gesellschafter der Huber GmbH mit Sitz in Starnberg. Im Wege der Schenkung und unter Vorbehalt des Nießbrauches überträgt er seine sämtlichen Gesellschaftsanteile an seinen Sohn Stefan. Im Übertragungsvertrag behält er sich ein Vetorecht für alle strategisch bedeutsamen Entscheidungen des Unternehmens vor. Die GmbH verfügt über stille Reserven in Höhe von einer Million Euro.

 

Das Finanzamt wird die Übertragung der GmbH-Anteile nicht als Übertragung von Betriebsvermögen anerkennen weil es an der hierfür erforderlichen Unternehmerstellung des Erwerbers fehlt. Die Stellung eines „Unternehmers“ im Sinne des Einkommensteuerrechts und des Erbschaftssteuerrechts zeichnet sich durch zwei Komponenten aus, nämlich durch Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko. Es mag sein, dass Stefan das vollständige unternehmerische Risiko trägt. Da sich sein Vater aber ein Vetorecht bei allen strategisch wichtigen Entscheidungen vorbehalten hat, fehlt es bei ihm an der Mitunternehmerinitiative. Das Finanzamt wird daher keinen Abschlag bei der Schenkungssteuer gewähren. Darüber hinaus kommt es zu einer Aufdeckung der stillen Reserven mit der Folge einer entsprechenden Besteuerung im Rahmen der Einkommensteuer.

 

Der Vorbehalt eines Nießbrauches im Rahmen der Übertragung von Unternehmen ist grundsätzlich nicht steuerschädlich. Wenn der Nießbrauch aber so ausgestaltet ist, dass er die Mitunternehmerinitiative bzw. das Mitunternehmerrisiko des Erwerbers zu sehr reduziert, führt er zu einem Wegfall der steuerlichen Privilegierungen. Die Ausgestaltung der Unternehmensübertragung zu Lebzeiten muss daher sehr sorgfältig geprüft werden.

 

 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht Markus Sebastian Rainer berät Sie umfassend im Hinblick auf Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer bei der Übertragung eines Unternehmens zu Lebzeiten und von Todes wegen sowie der entsprechenden Gestaltung von Gesellschaftsvermögen, Testamenten und Erbverträgen.

 

 

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